Als ich mich nach langer Abstinenz wieder mehr mit Fotografie und alten Kameras beschäftigte, begegnete mir der Begriff des "Belichtungsdreiecks" wieder.
"Supervision",...
"Draufsicht",...
...da fiel mir die Methode des "Belastungsdreiecks" ein, die ich mittlerweile gerne einsetze.
Zur Erläuterung:
Die korrekte Belichtung entsteht im Dreieck aus Filmempfindlichkeit (ISO bzw. ASA-Wert), Verschlusszeit (1/sec) und Blendenöffnung (f).
Damit der Film (oder der Sensor) weder über- noch unterbelichtet wird, müssen diese drei Größen miteinander in gutem Verhältnis stehen.
Die Blendenöffnung,...
...die Verschlusszeit...
...und die Empfindlichkeit des Filmmaterials bzw. des Sensors.
Aber eigentlich soll es ja hier um den Umgang mit Stress gehen.
Welche Faktoren sind für unsere Stressbelastung relevant?
Auch hier: Die Zeit, die Menge und unsere persönliche Filmempfindlichkeit - pardon - Resilienz bzw. Vulnerabilität.
Damit es nicht zu einer Fehlbelastung kommt, sollten auch hier alle Variablen betrachtet werden.
Machen wir aus dem Belichtungsdreieck ein Belastungsdreieck und übertragen wir die Grundgedanken auf unsere Arbeitsgestaltung:
Die "Blende": Mit welchen Themen habe ich beruflich zu tun? Welche Menge an Arbeit habe ich zu bewältigen? Welche Kraft, welche Tiefe und Intensität begegnet mir?
Was sind qualitative und quantitative Aspekte meiner Arbeitsbelastung?
Die "Verschlusszeit": Gemeint ist die Dauer und Häufigkeit, von beruflichen Belastungen. Die Häufigkeit, mit der ich damit zu tun habe. Wie kann ich beruflichen Stress über den Faktor "Zeit" gut regulieren?
Der "Filmempfindlichkeit" schließlich entspricht unser System: Meine Resilienz bzw. meine Vulnerabilität, meine Ressourcen, mein Akkufüllstand.
Wo liegen meine Triggerpunkte, wo habe ich ein dickes Fell und wo bin ich dünnhäutiger?Und welchen Einfluss haben unsere Teamzusammensetzung, unsere Kompetenzen, Kooperationen bzw. Konflikte auf unser Erleben? Was lässt sich da beschreiben, bewahren, verändern?
Was kann ich, was können wir hinsichtlich dieser drei Einflussgrößen nun selbstständig, im Team, individuell und mit unserer Leitung beeinflussen, um Fehlbelastungen zu vermeiden und gesund zu bleiben?
Achtung, die Metapher wird noch mal strapaziert:
In der Fotografie ist eine präzise Erfassung aller gegebenen Faktoren (Licht, Film etc.) nötig.
Dafür benutzt man einen Belichtungsmesser.
Um auch die eigene Arbeitsbelastung im Einklang mit dem eigenen System, mit Körper und Geist gut abstimmen zu können, bietet sich auch hier eine Art Belichtungsmessung an:
-Wie geht es mir heute?
-Fühle ich mich körperlich und mental fit?
-Wie habe ich geschlafen?
-Habe ich genug gegessen und getrunken?
-Gibt es gerade Gedanken, Sorgen oder Nöte, die mich sehr beschäftigen?
-Wie lange, wieviel habe ich heute schon gearbeitet?
-Was kommt da voraussichtlich auf mich zu?
-Welches Gefühl habe ich dabei?
-Habe ich die dafür erforderlichen Ressourcen?
-Kann mich jemand unterstützen?
"Das eine Auge des Fotografen schaut weit geöffnet durch den Sucher,
das andere, das geschlossene, blickt in die eigene Seele."
(Henri Cartier-Bresson, 1908-2004)